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Geschichte
Alles unter einem Dach: Puppenmuseum Hasle - Das Museum der besonderen Art / Druckerei / Mühlethaler, Künstlerin Vreni Mühlethaler / Orientteppiche

Geschichte

Vreni Mühlethaler, 23. März 1921 bis 6. April 2002
Sie wurde 1921 in Riggisberg geboren. Nach einer kaufmännischen Ausbildung nahm sie Zeichen- und Malkurse bei verschiedenen Künstlerinnen und Künstlern. Die Übernahme eines Geschäfts zusammen mit ihrem Mann Paul und die wachsende Familie liessen aber eine künstlerische Tätigkeit kaum mehr zu. Erst in der zweiten Hälfte der achtziger Jahre nahm sie die Malerei wieder auf und erweiterte und vertiefte ihre Kenntnisse durch Kurse bei Carl Speglitz. Sie lebte und arbeitete in Hasle-Rüegsau.

 

Die Farben des Blühens, das Blühen der Farben
Malerei sei nicht ihr Beruf, sagte Vreni Mühlethaler bescheiden. Zeichnen war freilich schon in der Kindheit ihre Lieblingsbeschäftigung, und später, nach einer kaufmännischen Ausbildung, nahm sie Unterricht bei Hans Rudolf Schwarzenbach, Paolo und Ruth und Fred Stauffer. Doch „die Mithilfe im inzwischen mit meinem Mann erworbenen Geschäft und die nach und nach grösser werdende Familie nahmen meine Zeit voll in Anspruch, und das Malen rückte dadurch an die zweite oder sogar dritte Stelle“. Erst in der zweiten Hälfte der achtziger Jahre konnte sie sich teilweise entlasten und damit mehr Musse für diese Tätigkeit gewinnen. Sie nahm Unterricht bei Carl Speglitz; ihm verdankt sie vielfältige und wesentliche Einsichten in Wahrnehmung, Farbe, Form und Technik. So übte sie die Malerei zwar nicht berufsmässig, aber völlig professionell aus.

Zu ihrem Werk gehören Akte und Porträts, meist im Atelier von Carl Speglitz entstanden, und Landschaften, vor allem  von Reisen in die Provence und nach Italien. Doch am häufigsten und wichtigsten sind die Bilder von Blumen, von Malven, Sonnenblumen, Geranien, Löwenzahn und vielen anderen. Diese Motive musste sie nicht lange suchen, sie sah sie im Garten und auf der Wiese vor dem Haus oder in einer Vase auf dem Tisch, sie gehörten zu ihrem Alltag. Auch die Staffelei stand immer bereit, und so konnte sie manchmal auch bloss eine Viertelstunde zwischendurch an einem Bild weiterarbeiten.

Die Blumen lagen ihr aber nicht nur im räumlichen, sondern auch im übertragenen Sinn nahe. Es gäbe in der unmittelbaren Umgebung andere Motive, zum Beispiel Gegenstände, die sich zu Stillleben arrangieren liessen, was den Vorteil hätte, dass sie sich nicht verändern. Doch, so Vreni Mühlethaler, dies habe sie nie gereizt, das sei ihr viel zu künstlich vorgekommen. Blumen dagegen sprächen sie an, animierten sie. Weil sie grosse Worte nicht liebte, deutete sie dies nicht weiter aus, man kann aber annehmen, dass es Lebendigkeit, Schönheit, Leichtigkeit der Blumen sind, die anziehen und zur künstlerischen Zwiesprache mit ihnen führten. Wohl auch ihre Zwecklosigkeit (nicht Sinnlosigkeit) und die Möglichkeit, sie durch die Malerei der Vergänglichkeit zu entziehen.

Und die Farben. Es sei seltsam, sagte sie, wie die Landschaft der Provence oft bloss mit Beige- und Grüntönen dargestellt werde, flau und etwas langweilig. Sie dagegen suchte das Violett des Lavendels, das Gelb des Ginsters, das Rot des Mohns. Noch reicher wird die Farbigkeit bei den Blumenbildern. Doch – und dies ist entscheidend – sie wirken nie bloss bunt. Denn die Farben sind in der Natur gesehen, erlebt, verarbeitet, aber auch auf der Palette kritisch beurteilt und auf der Leinwand in Klang und Intensität aufeinander abgestimmt. Deshalb wirkt ihre Kraft nicht aufgesetzt, sondern sie leuchten von innen heraus.

Bei aller Vertrautheit mit dem Motiv strebte Vreni Mühlethaler keine bis in Einzelheiten genaue Wiedergabe an. Zwar erkennt man jede gemalte Blume, ihre wesentlichen Merkmale sind klar erfasst. Doch zugleich sind sie vereinfacht, reduziert, abstrahiert. Denn es ging ihr nicht nur um die Darstellung einer Blume, sondern ebenso sehr um die Gestaltung eines Bildes. Dies zeigt sich besonders schön bei den Hintergründen: sie behandelte diesen Bereich so intensiv und vielfältig wie das Motiv selbst. Dadurch entsteht eine Art farbiges Gewebe, eine rhythmisierte Fläche, die von der überlegten Komposition wie von der spontanen, vitalen Handschrift der Malerin lebt. Um diese zu unterstützen, arbeitete sie in letzter Zeit häufiger mit dem gegenüber dem Öl flüssigeren Acryl. Mit Recht sagt man ihr immer wieder, wenn man nichts anderes wüsste, würde man diese lebendige, frische Malerei einer jungen Künstlerin zuschreiben.

Doch diese Malerei wird nie Selbstzweck, sondern sie wirkt auf das Dargestellte zurück. Deshalb erscheinen die Blumen nicht statisch, gleichsam erstarrt, sondern als lebendige, strahlende Wesen, in denen die Naturkräfte zwischen Werden und Vergehen in ihrer ganzen Fülle wirken. So ist im Grunde das wunderbare Geschehen des Blühens selbst das eigentliche Thema der Bilder.

Hans Baumann